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Das 9€-Ticket und sein Nachfolger

Der Sommer 2022 hatte es in sich. Das dritte Jahr in der Corona-Pandemie. Die Klimakrise verschärft sich von Jahr zu Jahr: Nach 2021 mit den Wasserfluten an Ahr, Erft, Swist, Inde und Volpe litten Natur, Tier und Mensch dieses Jahr unter erdrückender Hitze und Trockenheit. Und dann kommt im Februar der russische Diktator daher und stürzt die Ukraine in einen Krieg. Menschenverachtend und selbstzerstörerisch. Letzteres wird er selbst früher oder später zu spüren kommen.

Was aber hat das mit dem 9€-Ticket zu tun? Nun, dieses wurde zur Entlastung der bundesdeutschen Einwohner:innen in den drei Sommermonaten Juni, Juli und August eingeführt, um vor allem die steigenden Kosten durch den Ukraine-Krieg ein klein wenig abzufedern. Gleichzeitig sollte es erreichen, dass mehr Menschen vom Auto auf die Bahn umsteigen, was ja auch vor allem wegen der gestiegenen Spritpreise erreicht wurde. Das Klima dankt es ein klein wenig.

Foto: IgorCalzone1/ Wikimedia Commons / Creative Commons Attribution-Share Alike 4.0

Die Regionalbahnen waren im Sommer also voll. Das Bahnsystem kam an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit. Natürlich nutzten viele Menschen das 9€-Ticket nicht ausschließlich als Pendler-Ticket zur Arbeit und zurück. Nein, sie fuhren damit sogar in Urlaub, ins Wochenende oder machten einfach mal nur einen Tagesausflug. Für manche:n dienstwagenpreviligierte:n Politiker:in eine Ungeheuerlichkeit! Diese Gratismentalität!

Nun soll also das bundesweit gültige, monatlich kündbare 49€-Ticket kommen. Darauf einigten sich am Donnerstag die Landes- und der Bundesverkehrsminister (tagesschau.de).

Was bedeutet das nun für einen Arbeitnehmer wie mich z.B., der seit Jahren, um genau zu sein: seit 2007, ein Jobticket über seinen Arbeitgeber bezieht?

Seit Sommer 2015 bin ich sehr regelmäßig mit dem Bus zur Arbeit gefahren. Durch den Umzug an den nördlichen Stadtrand von Aachen habe ich es nun ca. 4,4 Kilometer bis ins Büro. Bergauf, bergab. Der Grund für mich, mit dem Bus zur Arbeit zu fahren und nicht verschwitzt dort anzukommen.

Seit November 2017 besitze ich aber ein Pedelec, das mich bei Bedarf mit elektrischer Unterstützung an den Büroschreibtisch bringt. Die Corona-Pandemie und das damit verbundene Homeoffice machten Fahrten zur Arbeitsstelle mehr oder weniger überflüssig. Und so nutze ich das Jobticket nur noch selten:

https://twitter.com/rasibo/status/1580568997853962240

Was würde mir nun also ein 49€-Ticket bringen? Wenn das Angebot des bisherigen Jobtickets erhalten bleibt, dann wären da erst einmal rechnerisch 21 Euro/Monat mehr fällig. Was bringen mir die? Ich behaupte: Nichts. Denn in den vergangenen Jahren war ich eigentlich nie in einem Monat so viel in anderen Städten oder Regionen unterwegs, dass sich das irgendwie rentiert hätte. Und ich sehe diese Option auch in den kommenden Jahren nicht.

Klar, ich könnte in den Urlaub statt mit den Fernzügen der Deutschen Bahn AG den Regionalverkehr nutzen. Vielleicht wäre damit die eine oder andere Verbindung auch leichter fahrradnutzbar. Schließlich besteht in IC/EC und ICE ja eine Reservierungspflicht. Bislang bin ich aber sowieso der in übersichtlichen Zeiträumen vorausplanende Bahnnutzer, sodass das mit der Fahrradmitnahme eigentlich immer geklappt hat und preislich sind die Fernverkehrsverbindungen bei rechtzeitiger Buchung auch attraktiv – zumal mit einer BahnCard25. Da macht sich der Zeitvorteil der schnelleren Verbindungen dann durchaus gegenüber dem Regionalverkehr bezahlt.

Die wichtigste Frage für mich jedoch ist: Könnte ich mein Jobticket bei Bedarf für den betreffenden Monat mit 21 Euro zum bundesweit gültigen 49-Euro-Ticket upgraden?

Das wäre z.B. dann eine Option, wenn ich zwei Mal im Monat zu meinen Eltern nach Bonn fahre und anstatt der bislang fälligen 4 x 6,80 Euro (= 27,20 Euro) für das „Einfach-Weiter-Ticket NRW“ halt dieses Upgrade machen könnte.

Das 49-Euro-Ticket erscheint mir für mich zur Zeit noch keine ernsthafte Option zu sein. Selbst in der Sommerwoche 2022, in der ich mit dem Fahrrad am Starnberger See, in München und in Stuttgart unterwegs war, nutzte ich nur ein einziges Mal das Jobticket als 9-Euro-Ticket: in Stuttgart für eine 2-Minuten-Straßenbahnfahrt um wenigstens einmal im Urlaub mit dem 9-Euro-Ticket gefahren zu sein. 😉 Ich hätte auch problemlos zu Fuß gehen können …

Insgesamt habe ich in den drei Monaten übrigens nur drei Mal mein Jobticket als 9-Euro-Ticket genutzt. Das erste Mal gleich am 3. Juni:

https://twitter.com/rasibo/status/1532729021099921411

Ich warte also die detaillierte Ausgestaltung der Rahmenbedingungen zum 49-Euro-Ticket ab und was sich der Aachener Verkehrsverbund (AVV) an Kundenbindungsinstrumenten einfallen lässt. Oder wird das Jobticket einfach abgeschafft?

Vieles ist möglich … auch, dass ich vielleicht mein Jobticket kündige, wenn es zu teuer wird. Ich fahre ja eh meistens mit dem Fahrrad.

Von Ralf Simon

... arbeitet beim katholischen Hilfswerk 'missio', ist Social-Media-affin, reist gerne mit der Bahn und ist viel rund um Aachen mit dem Fahrrad unterwegs. Zudem schlägt sein musikalisches Herz für die Kölner Band NiedeckensBAP.

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